SP-Schicker will die Wiener doppelt zu Olympia befragen lassen. Er meint es ernst...
Direkte Demokratie hat ihre Tücken. Will man die Bürger über ein Thema abstimmen lassen, das fertig ausgearbeitet ist (Beispiel: Querungen der Fußgängerzone Mariahilfer Straße), kommt der Vorwurf, dass alternative Fragestellungen nicht zur Wahl stehen, ja, dass die eigentlich relevante Frage gar nicht erst gestellt wird. Liefert man dagegen eine Grundsatzfrage, zu der man den Befragten so gut wie überhaupt keine Information anbieten kann, wird die Klage laut, dass man über etwas, von dem man nichts weiß, ja nicht abstimmen kann – die Wiener Volksbefragung im März ist dafür unter anderem mit dem Kapitel Olympia ein Paradebeispiel. (Die dritte Variante, dass auf dem Abstimmungszettel ohnehin nur Suggestivfragen stehen, lassen wir der Einfachheit halber einmal beiseite.)
Ein Dilemma, das. Aber gottlob gibt es politische Strategen wie Wiens SP-Klubobmann Rudolf Schicker, die dem Problem mit einem Genieblitz entgegentreten: Machen wir doch einfach beides! Also erst fragen wir die Bürger, ob sie Olympia überhaupt wollen, und später lassen wir sie darüber abstimmen, ob sie die Bewerbung zu Olympia, wie sie die Stadt (oder ein stadtnahes Unternehmen) geplant hat, auch wirklich wollen. Kostet ja offenbar nichts, so ein Urnengang...
Was kommt als Nächstes? Dass die Bürger bei einer Wahl zuerst einer Partei ihre Stimme geben – und ein paar Verhandlungen später über eine geplante Koalition abstimmen sollen? Sorry, aber das ist keine direkte Demokratie mehr, das ist nur noch eine Farce.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2013)