Gewaltenteilung à la Orbán

Für Ungarns Premier bedeutet das Wort offenbar, dass alle Gewalten seine Meinung teilen.

Viktor Orbán ist ein toleranter Politiker. Er akzeptiert die Meinung anderer durchaus – sofern sie sich mit seiner eigenen deckt.

Nun hat sich das Verfassungsgericht gleich mehrfach die Unbotmäßigkeit herausgenommen, Ungarns Premier zu widersprechen. Genauer gesagt Gesetzen, die er mit seiner Zweidrittelmehrheit durchs Parlament winken ließ. Zuletzt, und für den Premier besonders ärgerlich, als das Gericht Teile eines umstrittenen neuen Wahlgesetzes kassierte.

Man nennt das Gewaltenteilung. Und solange das System der Checks and Balances funktionierte, konnte man einigermaßen vertrauen, dass die nicht immer Hautgout-freien Vorhaben der Fidesz-Regierung auf rechtsstaatliches Normalmaß gestutzt werden würden. Wie sich nun zeigt, hat Orbán ein anderes Verständnis von Gewaltenteilung: dass alle Gewalten seine Meinung zu teilen haben. Und nun stutzt er seinerseits, nämlich die Befugnisse des Verfassungsgerichts.


Noch ist nicht absehbar, ob die ventilierten Pläne in vollem Umfang umgesetzt werden. So, wie sie sich darstellen, würden sie die Möglichkeiten der Richter zum Widerspruch deutlich einschränken. Freilich, es gibt noch ein zweites Korrektiv: die EU. Sie hat diese Rolle im Falle Ungarns wie Rumäniens schon wahrnehmen müssen, sie wird es notfalls wieder tun. Das wichtigste Korrektiv sind die Ungarn selbst: Sie haben gesehen, dass Orbán mit der verliehenen Machtfülle oft nicht verantwortungsvoll umgeht. Wenn das gegen ihren Willen ist, werden sie ihm bei der Wahl die Rechnung ausstellen.

helmar.dumbs@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2013)

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