Verkaufe deine Großmutter

Einige Ideen, wie die EU Russland zur Rettung Zyperns doch noch bewegen könnte.

So tief ist Europa also gesunken. Anstatt in Brüssel zu überlegen, wie sich der zyprische Flaschengeist wieder einfangen ließe, reist das EU-Führungspersonal nach Moskau, um mit dem Hut in der Hand milde Gaben für die Zyprioten zu erbetteln. Zugegeben: Das Bild, das hier gezeichnet wird, ist zu harsch, denn das gestrige Spitzentreffen war von langer Hand geplant und ist kein Akt der Verzweiflung. Doch angesichts der jämmerlichen Performance der vergangenen Tage besteht der nicht gänzlich unbegründete Verdacht, dass die EU ihre eigene Großmutter verkaufen würde, nur um den Russen die Teilnahme an einer Rettung Zyperns schmackhaft zu machen.

Wenn die Gerüchte, die man aus Nikosia hört, stimmen, dann wünschen sich die Russen im Gegenzug für einen Hilfskredit wahlweise den Zugriff auf Zyperns Gasvorkommen und einen Militärhafen. Warum so bescheiden? Angesichts der Tatsache, dass Europa zu allem bereit scheint, muss sich Moskau doch beileibe nicht mit diesem Kleinkram begnügen.

Wir hätten da andere tolle Ideen: Wie wäre es beispielsweise, würde sich die EU dazu verpflichten, Waffen an Syriens Diktator Assad zu liefern? Eine weitere Möglichkeit wäre die EU-Staatsbürgerschaft für jene korrupten russischen Beamten, die den Tod des Anwalts Sergej Magnitski auf dem Gewissen haben und mit US-Sanktionen belegt sind. Und wenn das zu wenig sein sollte, könnte man Moskau doch gleich den Weg zum Finanzsystem der Eurozone freimachen. Wer braucht schon Prinzipien, wenn er stattdessen ein paar Milliarden Rubel haben kann?


michael.laczynski@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2013)

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