Der Preis der Ohrfeige

Die „g'sunde Watschn“ hat schon vielen geschadet.

Was würden Sie tun, wenn Sie beobachten, wie eine gestresste Mutter ihrem Kind eine Ohrfeige verpasst? Die Frau zur Rede stellen? Hoffentlich. Die Polizei rufen? Unwahrscheinlich.

Denn irgendwie geht es uns nichts an. Wie Väter und Mütter ihren Nachwuchs erziehen, ist deren Angelegenheit. (Ist es natürlich nicht, sobald Gewalt angewendet wird. Aber dass der gesellschaftliche Zusammenhalt hierzulande nicht sonderlich ausgeprägt ist, haben wir dank der jüngsten OECD-Studie amtlich). Doch rechtfertigt eine „kleine“ Ohrfeige schon das große Wort „Gewalt“? Nein, sagen immer noch erstaunlich viele Österreicher. Ja, sagt der Gesetzgeber – schon seit 1989, als man das Gewaltverbot in der Erziehung erlassen hat.

Leider hat man vergessen, das auch zu kommunizieren. Die Folgen: Mehr als die Hälfte der Eltern traut sich offen zuzugeben, ihre Kinder mit Prügel zu strafen. Eine triste Bilanz für ein einstiges Vorreiterland.

Schweden hat, wie so oft, alles ein wenig besser gemacht. Konkret: Kampagnen, Kampagnen, Kampagnen, bis fast jeder das Verbot verinnerlicht hatte. Das könnte man, lieber Familienminister, auch versuchen. Wenn schon Mitgefühl und gesellschaftliche Verantwortung nicht ziehen, dann vielleicht Zahlen: Aus traumatisierten Kindern werden nicht selten depressive, arbeitsunfähige Erwachsene, die den Staat teuer kommen. Die g'sunde Watschen hat nicht nur vielen geschadet. Sie hat auch schon viel gekostet.

mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2013)

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