NSA lässt die Bürger kalt

Die Dauerempörung über den US-Dienst stumpft ab.

Der französische Innenminister Manuel Valls zeigte sich „schockiert“. Und auch der Außenminister war ganz aufgebracht. Was die beiden Herren so in Fahrt brachte, war ein Auszug aus den Dokumenten des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden. Einem Bericht von „Le Monde“ zufolge zeichnete der US-Geheimdienst zwischen dem 10.Dezember 2012 und dem 8.Jänner 2013 ungefähr 70Millionen Verbindungsdaten von Telefonaten in Frankreich auf, und zwar nicht nur bei Terrorverdächtigen, sondern angeblich auch bei Politikern, Diplomaten und Managern.

„Empörung“ ist die Reaktion, die von Regierungsvertretern nach einer solchen „Enthüllung“ erwartet wird. Ganz so überraschend sind die Informationen jedoch nicht. Im deutschen „Spiegel“ war bereits im Sommer unter Berufung auf Snowdens geklaute Akten zu lesen, dass die Amerikaner täglich rund zwei Millionen französische Verbindungsdaten speichern. Das deckt sich in etwa mit den Angaben, die nun als neu verkauft werden.

Mit dem deutsch-französischen Nachrichtenaustausch scheint es nicht einmal auf Zeitschriftenebene besonders weit her zu sein. Oder man erinnert sich vor lauter Aufregung nicht, worüber man sich schon aufgeregt hat. Festzuhalten ist jedenfalls: Die medial forcierte Empörung über die NSA hinterlässt kaum Spuren bei den Bürgern. Zumindest beeinflusste sie trotz mehrerer Coverstorys in keiner Weise die Wahlen in Deutschland oder Österreich.

christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.