Eine Gewalt, die nicht relativiert werden kann

Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem – auch wenn es durch weiche Erhebungsmethoden belegt wird.

Umfragen lassen immer einen Interpretationsspielraum: Wer hat geantwortet, waren es suggestive Fragen, sind es nur Behauptungen? Auch die Ergebnisse einer Umfrage der EU-Grundrechte-Agentur zur Gewalt an Frauen werden so hinterfragt werden. Aber niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass er damit ein Problem kleinreden kann.

Und bitte auch keine Ablenkung auf andere Teile der Welt: Gewalt, sexuelle Übergriffe, Stalking und weitere Formen physischer und psychischer Belästigung von Frauen sind Phänomene einer europäischen Gesellschaft. Sie können durch den Fingerzeig auf andere nicht abgemildert werden.

Natürlich ist es für einen Mann herausfordernd, sich bei jedem Flirt zu überlegen, wie weit er gehen kann. Natürlich ist es herausfordernd, seinen Einfluss im eigenen Heim nicht mit jedem Mittel zu erkämpfen. Und unbestritten ist es für viele einschränkend, sich bei sexuellen Bedürfnissen zurückzuhalten. Aber wie groß ist die Einschränkung auf der anderen Seite, wenn all diese – für viele Männer – „verständlichen“ Bedürfnisse ausgelebt werden?

Alle sind sich einig: Gewalt zwischen Menschen wird es immer geben. Sie muss geahndet und sanktioniert werden. Doch hier geht es um eine Form der Gewalt, die allzu gern relativiert wird. Sie nicht mehr zu relativieren wäre bereits Teil einer Lösung.

wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2014)

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