Nehmt Schriftsteller nicht nicht ernst - aber anders ernst!

Was herauskommt, wenn man Autoren zu "Botschaftern" macht.

Sie beschreibt sich als Zwangsneurotikerin, die nie Kinder haben will. Sie erzählt vom Selbstmord ihres Gynäkologenvaters und bekennt: Wenn es um die Geburt als „reales Vorkommnis“ geht, „rät mir die Vernunft, besser den Mund zu halten“.

So beginnt die umstrittene Dresdner Rede der Autorin Sibylle Lewitscharoff, mit einer impliziten, aber dennoch übergroßen Überschrift – hier spreche ICH, eine Traumatisierte, die von Geburt keine Ahnung hat! Warum soll man diese Autorin ernst nehmen, warum nimmt man sie ernst, wenn sie über künstliche Befruchtung, Spermienkataloge oder Leihmutterschaft lamentiert?

Vielleicht, weil sie im selben Atemzug ankündigt, ihre sonst üblichen Scherze und „das kleine Fluten der Ironie“ diesmal unterlassen zu wollen, weil das Thema Tod und Geburt für sie zu ernst sei. Nur: Was ist das für eine Art von Ernst? Ernst nehmen muss nicht wörtlich nehmen heißen. Lewitscharoff hat ihre Rede ausdrücklich unter das Vorzeichen radikaler Subjektivität und literarischer Stilisierung gesetzt. Nicht zufällig wird sie immer wieder mit Bernhard verglichen, auch sie ist eine Übertreibungs-, Erregungs- und Lamentierkünstlerin.

Wenn man eine so undiplomatische Person zur „Botschafterin“ machen will (und das ist letztlich der Sinn von Redenreihen wie jener in Dresden), ist das Ergebnis kein Wunder. Dann muss man ihre Bezeichnung der Leihmutterschaft als Werk des „Teufels“ wörtlich nehmen, statt als Hybris-Metapher à la „Doktor Faustus“. Und der „Vergleich“ mit dem „Lebensborn“-Programm der Nazis? Lewitscharoff hat auch Wespen schon als „fliegende Nazis“ bezeichnet.

Lewitscharoff ist keine gute Rednerin, nur zwischen Buchdeckeln gehen ihre Worte in die Tiefe. Die ist oft „abartig“ und befremdend – aber die Perlen darin gäbe es sonst wohl nicht.

E-Mails: anne-catherine.simon@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2014)

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