Wenn Esel und Elefant die Demokratie bringen

In den USA, die sich selbst gern als Musterland der Demokratie sehen, dienen Esel (Demokraten) und Elefant (Republikaner) als Symbole für die beiden großen Parteien.

Trotz mancher Häme halten die Parteigänger an der Tradition ihrer Wappentiere fest.

Dass sie anderswo, abseits touristischer Trampelpfade in den Schluchten des Hindukusch und im subtropischen Dschungel Indiens, als Lastentiere im Namen der Demokratie zum Einsatz kommen, mag ihnen indessen kaum bewusst sein. Dabei preisen sie bei jeder Gelegenheit ihr Demokratiemodell als Exportartikel rund um den Globus an.

Im metaphorischen Sinn und in der Fabelwelt werden dem Esel Sturheit und Zähigkeit zugeschrieben, dem Elefanten ein exzellentes Gedächtnis – und beides ist in einer Demokratie zweifellos von Nutzen.

Wenn Esel und Elefanten, Pferde und Kamele – wie dieser Tage bei den Wahlen in Afghanistan und Indien – über Wochen weite, unwegsame Strecken zurücklegen, um Stimmzettel in Wüsten, Berge und Regenwälder zu transportieren, belegt dies die Mühsal der Logistik von Wahlen. Seit der Unabhängigkeit vor fast 70 Jahren hat Indien als größte Demokratie der Welt das Banner trotz mancher Anfechtungen und Rückschläge hochgehalten, quasi als Vorreiter in Asien und als Vorbild für die Unruheregion entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze, der Taliban-Bastionen.

Wenn sich indessen Millionen von Afghanen in der schwierigsten und gefährlichsten Demokratie der Welt, trotz täglicher Terrordrohungen der Taliban, in Warteschlangen einreihen, um von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen, dann zeigen sich auch der Lohn des Aufwands und die Überlegenheit des Systems der politischen Partizipation.

Hindernisse und mentale Sperren zu überwinden, der Gefahr zu trotzen, wie dies die Afghanen am Wochenende eindrucksvoll demonstriert haben, um über die politische Zukunft des Landes zu entscheiden – das ist ein handfester Schlag gegen die Feinde der Demokratie.

E-Mails an:thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.