Von der Angst, über den Atlantik zu schauen

Warum ein Handelsabkommen der großen westlichen Blöcke sinnvoll sein könnte, obwohl es ein weiteres Stück Globalisierung bringt.

Wer über das Meer blickt, bekommt leicht den Eindruck, dass nur er von der über dem Wasser hängenden Sonne geblendet wird. Diese Individualität ist aber ein Trugschluss. Die halbe Weltkugel wird hier beleuchtet. Dieser Trugschluss ist mit der Globalisierung vergleichbar. Denn auch sie relativiert die vermeintlich nationale Lichtquelle unseres Wohlstands.

Wir sind voneinander abhängig geworden, und nicht nur von Mächten, die unsere Werte teilen, sondern auch von solchen, die wir als Energielieferanten oder Handelspartner brauchen. Das derzeit verhandelte Handelsabkommen mit den USA wird diese Globalisierung ein Stück weiter drehen. Es wird Druck auf unsere kulturellen Werte bringen, wird manche lieb gewonnenen Marotten austreiben. Es wird die Konkurrenz verstärken.

Müssen wir es deshalb zur Gänze ablehnen? Oder bietet es vielleicht sogar Chancen, grundsätzliche Ähnlichkeiten im westlich-demokratischen, marktwirtschaftlichen Lebensmodell zu erhalten – ihnen gegenüber dem wirtschaftlich aufstrebenden Ostasien eine breitere Basis zu schaffen?

Die Gegner des Abkommens gehen seltsamerweise davon aus, dass die EU in diesen Verhandlungen jedenfalls unterliegen wird. Sie erwarten Verschlechterungen bei Löhnen, Umwelt und Lebensqualität. Und sie erliegen dem Trugschluss, dass sie individuell ohne rechtlichen Rahmen, ohne Partner in der globalen Welt besser geschützt wären.

Emails an:wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2014)

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