Juncker steckt in engem Korsett

EU-Chef musste (zu) viele Versprechen machen.

Wer in ein Amt gewählt werden will, muss zuvor mindestens ein populäres Versprechen abgeben – so steht es im eisernen Gesetz der Demokratie. Für Jean-Claude Juncker galt dieser Grundsatz – zeitlich versetzt – gleich im dreifachen Sinn: Er kämpfte für eine Mehrheit bei der EU-Wahl, der Nominierung im Rat und der Abstimmung im Europäischen Parlament. Nun ist der Luxemburger am Ziel; und doch wird man den Eindruck nicht los, dass er sich seinen neuen Job als Präsident der EU-Kommission teuer erkaufen musste.

Der Christdemokrat tat dies ironischerweise nicht beim Wähler selbst, sondern bei jenen Entscheidungsträgern, die das Wahlergebnis eigentlich nur noch umsetzen sollten: Regierungschefs und EU-Abgeordneten. Hier das Zugeständnis an die Sozialdemokraten, den Wirtschaftskommissar stellen zu dürfen, dort das Versprechen über ein 300 Mrd. Euro schweres Investitionspaket, dessen Finanzierungsquelle unklar ist. Man kann nur darüber spekulieren, welche weiteren Deals hinter den Kulissen vereinbart wurden.

In ein so enges Korsett war noch kein EU-Chef geschnürt. Junckers mühsame Überzeugungsarbeit dürfte letztlich dazu führen, dass nicht das beste Programm obsiegt – sondern ein Mix aus Zugeständnissen, die es allen recht machen sollen. Schuld daran trägt das unsaubere System hinter der Wahl des Luxemburgers: Deshalb muss die Bevölkerung den Kommissionspräsidenten beim nächsten Urnengang direkt bestimmen.

anna.gabriel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2014)

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