Eine Lotterie, bei der man nur verlieren kann

Langer Prozess, niedrige Strafe: Eine klare Linie?

Wieder mehr „mutige OGH-Entscheidungen“ wünscht sich Mathias Preuschl, Anwalt von Ex-Libro-Finanzvorstand Johann Knöbl, der Judikatur in Wirtschaftsstrafsachen fehle in letzter Zeit die klare Linie.

Vor allem meint er damit das umstrittene Urteil im Fall Libro. Einer Causa, mit der sich nun der Menschenrechtsgerichtshof befassen soll, unter anderem, weil das Verfahren gar so lang gedauert hat. Das hat auch schon der OGH gerügt und deshalb die Strafen reduziert – was so ziemlich der einzige Aspekt des Urteils ist, der fast einhellig, auch von Preuschl, als Schritt in die richtige Richtung gesehen wird.

Ist er wohl auch, zugleich aber eine typisch österreichische Lösung, eher das Gegenteil von einer klaren Linie. Denn was heißt das in letzter Konsequenz? Wird die Strafbemessung zur Lotterie, bei der man letztlich sogar gewinnt, wenn die Ermittlungen allzu lang dauern?

Na ja, gewinnen stimmt nicht ganz. Wirtschaftlich ruiniert ist man nach zehn, zwölf Jahren Strafverfahren wahrscheinlich sowieso. Und die Chancen auf Freispruch sinken wohl auch, denn wozu wäre so lange ermittelt worden, wenn am Ende gar nichts herauskäme? Das war jetzt eine Unterstellung, zugegeben. Und es ist ja auch nicht so, dass lauter Unschuldige in die Mühlen der Justiz kommen. Aber eines steht fest: Mit der klaren Linie wird es nichts, wenn Ermittlungen endlos dauern. Bleibt abzuwarten, ob die geplante Verfahrensreform daran etwas ändert.

christine.kary@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2014)

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