Erfolgreiches Verdrängen

Man muss von Phoenix Richtung Nordosten fahren, um das ganze Elend der amerikanischen Ureinwohner zu verstehen.

Hier, zwischen den Bundesstaaten Arizona, Utah und New Mexico, liegt die Navajo Nation, das mit etwa 70.000 Quadratkilometern – fast die Fläche von Österreich – größte Indianerreservat der Welt.

Es ist ein eigenständiger Staat mit einer eigenen Regierung und eigenen Gesetzen. Es ist auch ein Dritte-Welt-Land inmitten einer der reichsten Nationen dieser Erde: Das Durchschnittseinkommen beträgt weniger als ein Drittel vom Rest der USA; die Arbeitslosenrate liegt bei 43 Prozent; mehr als die Hälfte der etwa 300.000 Einwohner lebt unterhalb der Armutsgrenze; 24 Prozent leiden an Zuckerkrankheit – eine Folge von schlechter Ernährung und billigem Junkfood –; zehn bis 30 Prozent sind, obwohl Alkohol im Reservat verboten ist, Alkoholiker.

Die USA entledigten sich ihrer Ureinwohner auf einfache Art und Weise, indem sie ihnen Eigenständigkeit in einem Reservat gaben, das in einer der landschaftlich wahrscheinlich schönsten Gegenden der Vereinigten Staaten liegt, die wirtschaftlich aber völlig unnutzbar ist.

Dass ihnen die US-Regierung jetzt 554 Mio. Dollar bezahlt, ist Folge der illegalen Nutzung dieses Landes. Es hat nichts mit der Ausbeutung der Indianer und den Massakern bei der Eroberung des Westens zu tun. Beim Verdrängen dieser Vergangenheit sind die US-Amerikaner so gut wie bei der Verdrängung der Sklaverei.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2014)

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