Wir dürfen uns von Tomas Zierhofer-Kin interessante Festwochen erwarten.
Man kann es ja nicht mehr hören, das Gerede von den interdisziplinären und postmigrantischen Ausdrucksformen, vom Auflösen der Grenzen zwischen E- und U-Kultur. Vor allem deshalb nicht, weil es so oft Gerede bleibt, bestenfalls illustriert durch Exkursionen diskursbeflissener Kulturbürger in die wilde Peripherie, inklusive Kebabverkostung.
Von Tomas Zierhofer-Kin kann man sich erwarten, dass es nicht bei Gerede und Verkostung bleibt. Auch nicht bei „radical chic“ (wiewohl ihm der nicht ganz fremd ist). Er hat mit dem Donaufestival in Krems genau das gescheite, aufregende Popfest etabliert, von dem man in Wien seit „Töne und Gegentöne“ und „Big Beat“ – die beide einst bei den Festwochen stattgefunden haben! – vergeblich träumt. Ergänzt hat er seine Auswahl aus Hip-Hop, Elektronik, Post-Rock, Noise etc. durch neues Performance-Theater, wie man es in Wien vor zehn Jahren noch kaum gefunden hat. Eine kühne Kombination, aber sie hat funktioniert. Vor allem, da Zierhofer-Kin die Subkultur, den Underground (oder wie immer man diese Gefilde nennen mag) nicht als gönnerhafter Kurator kennt, sondern dort zumindest eine Zweitwohnung hat.
Heißt das, dass keine „Hochkultur“ mehr bei den Festwochen sein soll? Nein. Gewiss nicht. Zierhofer-Kin wird durch geschickte Wahl seines Teams darauf achten müssen, auch Freunde von Klassik, Oper und konventionellem Theater einzuladen – die ja meist offener sind, als manche glauben wollen. Wenn nur Qualität und Ernsthaftigkeit stimmen. Zur Hoffnung darauf trägt die Kontinuität bei, mit der Zierhofer-Kin auf den (immerhin noch zwei Jahre regierenden) Markus Hinterhäuser folgt. Schön, dass er wie dieser ein Leonard-Cohen-Fan ist und gleich zur ersten Pressekonferenz ein Cohen-Zitat mitgebracht hat. Es ist aus einem Song namens „Waiting for the Miracle“. In diesem Sinn, auf 2017.
E-Mails an:thomas.kramar@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2014)