Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß bringen nicht immer Erfolg

Churchill hat Hitler besiegt. Was aber war seine größte Niederlage?

Exakt vor 50 Jahren ist in seinem 91.Jahr der britische Staatsmann Sir Winston Leonard Spencer-Churchill gestorben, den nicht nur viele seiner Landsleute für den größten Politiker des 20.Jahrhunderts halten. Er gilt als Retter des Königreichs. Churchill verachtete die Politik des Appeasement und trug, als er 1940 Premierminister wurde, wesentlich und mit unbeugsamem Willen dazu bei, dass Adolf Hitlers Reich des Bösen besiegt wurde.

Allein deshalb werden wir heute im Bunker des „Gegengifts“ einen kleinen Kranz vor seine Büste legen. Nichts als Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß versprach er im Kampf gegen die Nazis. Die Briten folgten ihm willig, um den Helden dann knapp zwei Monate nach dem Krieg abzuwählen. Labour unter Clement Attlee gewann 1945 die Unterhauswahlen.

Churchill hielt sich dennoch mehr als sechs Jahrzehnte in der Politik. 1951 hatte er sogar ein Comeback als Premier. Doch was war die größte Niederlage seiner fluktuierenden Karriere, die er 1901 als Tory begann, um 1904 zu den Liberalen zu wechseln, weit nach links abzudriften und schließlich Ende 1924 wieder zu den Konservativen zurückzukehren?


Finanzminister. Nach dieser Wende wird man fündig, als Churchill Schatzkanzler war. Auf Drängen der Notenbank machte er 1925 nach seiner späteren Einschätzung prompt „den größten Fehler meines Lebens“, als er den Goldstandard wieder einführte. Diese Maßnahme sollte Seriosität vermitteln, wie es einem bekehrten Konservativen eben ansteht, sie sollte das Prestige des Imperiums heben. Das Pfund stieg rasant, auch die Zinsen erhöhten sich immens. Die Folgen waren verheerend: hohe Arbeitslosigkeit, drohender Bankrott für die Schwerindustrie, drastische Lohnkürzungen. Es kam zum Generalstreik. Churchill wurde wieder einmal zum Feindbild der Massen. Vielleicht hätte er auf die Warnungen des Ökonomen John Maynard Keynes hören sollen, der den Niedergang voraussagte und dann entsprechend hoch im Kurs stand. Er schrieb: „Wehe jenen, deren Glaube sie dazu verleitet, mit teurem Geld eine Depression zu verschlimmern!“

E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.