Dass Polizeibeamte unter enormem Druck stehen, ist unbestritten.
Dass sie häufiger als jede Berufsgruppe mit Gewalt konfrontiert sind, sollte man sich stets in Erinnerung rufen. Auch wenn man auf Videos Polizisten sieht, wie sie niemand sehen will: überfordert und brutal gegen Einzelne.
Zu Silvester war es eine alkoholisierte Frau, die Polizisten zu nahe kam, von mehreren Beamten niedergeworfen, dadurch (und danach) verletzt wurde. Am Montag gingen Polizisten gegen einen Mann vor, der eine Frau bedroht hatte. Er widersetzte sich der Verhaftung und tobte. Acht Beamte rangen ihn auf den Boden und fixierten ihn so, dass Passanten warnten, der Mann bekomme keine Luft. Das sind Einzelfälle, und es ist nur Zufall, dass zwei kurz hintereinander auftauchen. Aber der Umgang der Polizei mit den Fällen zeigt ein Problem: In den Reihen der Exekutive gibt es wenig bis null Bereitschaft zur Selbstkritik. Polizeikommandant wie Polizeisprecher zeigen falsch verstandenen Korpsgeist und mauern. Dabei müssten Manöverkritik und – im Fall des Falles – Eingeständnis eines Fehlers die Grundvoraussetzung für die Polizei 2015 sein.
Dass jüngere Beamte mit ihrer Machtposition mitunter (noch) nicht professionell umgehen können, kennt jeder, wenn der Ton bei einer harmlosen Verkehrskontrolle plötzlich aggressiv und laut wird. Vielleicht sollte die geschätzte Innenministerin ihre zusätzlichen Budgetmittel nicht nur für neue Helikopter, sondern für bessere Supervision ihrer Beamten ausgeben.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2015)