Neutralität ist obsolet

Die ÖVP will eine EU-Armee – und bleibt auf halbem Weg stehen.

Will sie nun? Oder will sie nicht? Die Neutralität abschaffen. Ein wenig kokettiert sie damit. Auch wenn sich ÖVP-Generalsekretär Gerald Blümel beeilt festzuhalten, dass die Neutralität nur deswegen keinen Platz im neuen Programm finde, weil sie auch im alten keinen hatte, da sie ohnehin in der Verfassung stehe.

Die Frage ist allerdings, wie sich das ausgeht: die Beibehaltung der Neutralität und die Teilnahme an einer EU-Armee, wie sie der ÖVP nun vorschwebt. Denn Letztere würde dann wohl auch mit einer Beistandspflicht verbunden sein.

Von der Neutralität ist ohnehin nur noch jener Punkt übrig, der den Beitritt zu einem Militärbündnis untersagt. Sonst ist sie ausgehöhlt. Im Russland/Ukraine-Konflikt verhält sich Österreich selbstverständlich nicht neutral, sondern trägt alle Maßnahmen der EU mit.

Und im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU („Petersberg-Aufgaben“) kann Österreich jetzt schon an Kampfeinsätzen in Krisenregionen teilnehmen.

Die Neutralität ist nicht mehr, was sie einmal war. Wobei sie in der Realität ohnehin nie dasselbe war wie auf dem Papier. Österreich war Teil des Westens und hat sich für den Ernstfall auf die Nato verlassen. Nach dem Ende des (ersten) Kalten Krieges könnte man nun also ehrlicherweise dazu übergehen, die Neutralität nicht nur aus dem ÖVP-Programm, sondern gleich aus der Verfassung zu streichen.

oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2015)

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