Den Rollstuhl auf die lange Bank geschoben

Barrierefreiheit sollte nicht an Kosten scheitern.

Haben Sie im Jahr 2042 schon einen Termin? Falls nicht, könnten Sie vielleicht an einer Feier teilnehmen – bis dahin sollen nämlich alle Gebäude in der Verwaltung der Stadt Wien barrierefrei sein. Bis dahin sollten Sie es vermeiden, mit dem Rollstuhl oder einem Kinderwagen einen Versuch zu starten, diese Gebäude zu betreten. Oder sich vorher zumindest genau informieren, ob das technisch überhaupt möglich ist. Gut, sukzessive werden auch Kindergärten und Schulen auf Barrierefreiheit umgestellt, doch selbst bei generalsanierten Gebäuden kann man sich dessen nicht sicher sein. Immerhin, eingeplant sind diese Verbesserungen ohnehin – doch zwischen Planung und Umsetzung kann noch das eine oder andere Jahr vergehen, wie man im Rathaus zerknirscht zugibt.

Dass die Stadt Wien sich im Antidiskriminierungsgesetz von 2010 verpflichtet hat, alle öffentlichen Gebäude barrierefrei zu machen, muss man ihr positiv anrechnen. Dass man aber bei der Umsetzung den Rollstuhl auf die lange Bank geschoben hat, eher nicht – vor allem, wenn private Unternehmer ihre Geschäfte und Lokale spätestens 2016 umgerüstet haben müssen. Übrigens betrifft Barrierefreiheit auch Väter und Mütter mit Kindern und ältere Menschen. In einer Stadt, die sich das Attribut „bestverwaltet“ gern an die Stirn heftet, sollte man sie alle nicht bis 2042 warten lassen.

erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2015)

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