Der Prinzipal bleibt: Eine Gnadenfrist für die Wiener Volksoper

Demnächst wird man über die Zukunft nachzudenken haben.

Als die Stadt Wien die Rückwidmung des lang als Kommerzmusicalbühne missbrauchten Theaters an der Wien bekannt gab, jubelte man zu Recht: Das war das ideale „dritte“ Haus für einen Stagionebetrieb. Dieser sollte die Repertoirevielfalt der Ensemblehäuser Staatsoper und Volksoper mit Raritäten ergänzen – und hie und da auch mit einer im täglich wechselnden Betrieb nicht realisierbaren, komplizierteren theatralischen Umsetzung eines viel gespielten Werks.

Freilich: Dass das Zusammenspiel von Staats- und Volksoper in Sachen breiter Repertoirepflege in der Zwischenzeit ideal verlaufen wäre, darf man nicht behaupten. Zwar gelingt dem Haus am Ring die Quadratur des Kreises: Man spielt bei eminenter Auslastung des Hauses und steigenden Einnahmen auf leuchtendem philharmonischen Grund mit Starbesetzung Werke von Gluck und Mozart bis Hindemith und Adès – auch sind Kompositionsaufträge an fünf zeitgenössische Komponisten vergeben worden.

An der Volksoper steigen die Zahlen zwar erfreulicherweise auch, doch hält man bei etwa 82 Prozent – und riskiert so gut wie nichts, um das Wiener Musiktheaterangebot um die nötigen Facetten zu bereichern. Auch kommende Spielzeit gibt es eine Menge Doubletten von Mozart bis Puccini mit dem großen Haus; und so gut wie nichts geschieht, um die Genres Spieloper und die in diesen Rahmen passenden Werke der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts nachhaltig wieder in den Spielplan zu holen. Von grundlegender musikalischer Einstudierungsarbeit und Dramaturgie, die dazu – und auch zur Wiedererlangung der einst so hohen Operettenkompetenz – nötig wäre, ist wenig zu bemerken.

So hat man mit der Verlängerung des Vertrags des allseits (und natürlich dank seiner schauspielerischen Leistungen zu Recht) beliebten Prinzipals vor allem Zeit gewonnen: Man wird sie brauchen, um herauszufinden, wozu es die Volksoper in einer Konstellation „nach Robert Meyer“ überhaupt gibt. Was außer den Auftritten des Hausherrn verleiht ihr mittlerweile Profil?

E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

PK VOLKSOPER ´SAISON 2015/16´: MEYER
Bühne

Volksoper: Robert Meyer bleibt bis 2022 Direktor

Der Vertrag des Volksopern-Direktors wird um weitere fünf Jahre verlängert. 14 Bewerbungen waren für Meyers Posten eingegangen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.