Zwar sollte man die Matura niemals vor ihrer Rückgabe loben, aber so viel kann man nach den ersten beiden Tagen der Premiere der Zentralmatura schon einigermaßen gefahrlos konstatieren: Der (schriftliche) Start ist geglückt.
Obwohl davor Horrorszenarien mit quietschender Kreide an die Tafel gemalt worden sind, haben alle Achtklässler ihre Aufgaben rechtzeitig und vollständig bekommen; keiner der Inhalte ist vorab geleakt; und die Aufgabenstellungen waren nach ersten Einschätzungen verständlich, inhaltlich unproblematisch, in Summe also maturawürdig.
Freilich könnte man sich auf der Suche nach einem Haar in der Suppe bei den Beispielen der Englischmatura, die am Dienstag abgehalten wurde, ein wenig unernst fragen, ob Margaret Thatcher (als Hörbeispiel) und Neos-Provokateur Niko Alm samt seinem Nudelsieb (passenderweise als zu ergänzender Lückentext) nicht ein bisschen viel liberale Schlagseite ergeben?
Oder ob der Beitrag über Möglichkeiten, eine Stadt fahrradfreundlicher zu machen, indem man die Radler besser vor Abgasen schützt, Rückenwind für den Wiener Wahlkampf bringen könnte? Oder eher das Gegenteil? Weiß eigentlich jemand, was Begegnungszone auf Englisch heißt?
Die neue Reifeprüfung hat auf jeden Fall den Mythos, wonach das Bildungssystem in Österreich unveränderlich ist, endgültig zerstört. Das ist wahrscheinlich das wichtigste Ergebnis der Zentralmatura, egal, wie sie am Ende im Detail ausfällt.
Wir sind also reif für weitere Bildungsreformen. Das nächste Mal dann vielleicht mit ein bisschen weniger Drama und Widerstand.
E-Mail an: florian.asamer@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2015)