Athens gefährlichster Gläubiger

Das Schicksal des Landes hängt von der EZB ab.

Viel wurde in den vergangenen Tagen darüber spekuliert, ob die Linkspopulisten von Syriza an einem Deal mit den Gläubigern Griechenlands überhaupt interessiert sind oder ob es ihnen insgeheim nicht lieber wäre, ihr Land würde aus der Eurozone ausscheiden. Wer die langatmigen, gelegentlich ins Theoretische abschweifenden Ausführungen des griechischen Finanzministers, Yanis Varoufakis, nach dem Treffen der Euro-Gruppe in Luxemburg vernommen hat, kann nur zum Schluss kommen, dass die Regierung in Athen einen Königsweg anstrebt: kein Deal mit den Gläubigern, kein Austritt aus der Eurozone.

Indiz für diese These ist Varoufakis' Insistieren auf einer Umschichtung der griechischen Verbindlichkeiten – es geht darum, dass die Schulden des Landes bei der Europäischen Zentralbank vom Euro-Rettungsschirm ESM übernommen werden. Der Grund? Bedient Athen die EZB-Schulden nicht, muss die Notenbank Griechenland als zahlungsunfähig einstufen und ihre Unterstützung für die griechischen Banken sofort beenden – damit wäre die Euromitgliedschaft perdu. Diese Gefahr besteht beim ESM nicht, in dessen Gremien man wunderbar bis zum Sankt Nimmerleinstag über die Schulden wird streiten können. Aus der Perspektive der Griechen ist es also unumgänglich, die EZB möglichst rasch loszuwerden. Denn sie ist ihr gefährlichster Gläubiger.

Emails an: michael.laczynski@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2015)

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