Kein Platz für Spekulationen

Ja, der Amokfahrer aus Graz hat einen bosnischen Hintergrund. Er kam als Kind als Flüchtling zu uns. Mittlerweile ist er österreichischer Staatsbürger.

Zweifellos gab es Menschen, die nach den ersten Meldungen über die Amokfahrt in Graz an einen Fanatiker glaubten, an einen religiös motivierten Täter. Die Ereignisse der Vergangenheit haben einen dafür sensibilisiert: die Polizeiaktion gegen Islamisten in Linz, Wien und Graz, der Anschlag von Islamisten auf „Charlie Hebdo“, die Messerattacken auf Soldaten in London und Paris (Juni 2014), die Amokfahrt im französischen Dijon (Dezember 2014), der Axtangriff in New York (Oktober 2014). Manchmal waren es freilich Menschen, die ihren Wahnsinnstaten mit dem Ruf „Allahu akbar“ nur ein Motiv geben wollten.

Nach Graz öffentlich über einen religiösen Hintergrund zu spekulieren, wie das FPÖ-Chef Strache in einem mittlerweile wieder gelöschten Facebook-Eintrag tat, ist niederträchtig. Bei so viel Schmerz, Trauer und auch Wut ist kein Platz für Spekulationen, sondern nur für Fakten.

Zwei der Opfer – ein getöteter Mann, eine schwer verletzte Frau – haben übrigens auch einen bosnischen Hintergrund. Sie haben erst Anfang Juni geheiratet.

E-Mails an:norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2015)

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