Die Furcht vor Strache

Angstlust nannte man das seinerzeit bei Jörg Haider. Immer und immer wieder knallten die Magazine den damaligen FPÖ-Chef aufs Cover – und der Leser genoss es mit wohligem Schauer.

Angstlust nannte man das seinerzeit bei Jörg Haider. Immer und immer wieder knallten die Magazine den damaligen FPÖ-Chef aufs Cover – und der Leser genoss es mit wohligem Schauer.

Ähnlich verhält es sich heute mit Heinz-Christian Strache. Auf Twitter – das ist jetzt zwar nicht repräsentativ für die Bevölkerung, aber doch ein medialer Verstärker – gab es aus Anlass des ORF-„Sommergesprächs“ nicht nur wie üblich Spott und Häme, sondern auch so etwas wie Bewunderung mit Gänsehaut. Der Tenor: Ein souveräner Auftritt sei Strache da gelungen, die anderen Parteien seien ohnehin zu schwach – wer soll ihn da jetzt noch stoppen? Auch dem Moderator wurde dies zum Vorwurf gemacht: Er hätte Strache mehr entgegenhalten, ihn entzaubern müssen. (Wobei man sich die Frage stellen kann, ob es wirklich die Aufgabe eines Interviewers ist, einen Politiker zu „entzaubern“.)

Der Strache-Grusel also. Die Angst vor dem Erfolg des Vielgeschmähten und -belächelten. Nicht ernst genommen, als billige Haider-Kopie verhöhnt. Der Befund stimmt allerdings zum Teil noch immer: Von Haider, der jedes halbe Jahr die Welt neu erfunden hat, ist Strache, der seit Jahren bei den immer gleichen Botschaften bleibt, nach wie vor ein schönes Stück weit entfernt.

Dafür ist Strache berechenbarer als Haider. Somit ist auch die Angst vor ihm unbegründeter. Und sollte er jemals regieren, was er trotz Zugewinnen so schnell wohl nicht wird, dann ist die größte Gefahr, die von ihm ausgeht, nicht der Faschismus, sondern der Dilettantismus.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2015)

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