Pfarrer Friedl hält alle zum Narren

Wie hält es ein Pfarrer mit dem Zölibat? Josef Friedl beschäftigt weiter Öffentlichkeit und seinen Bischof Ludwig Schwarz.

Tatsächlich: Oberösterreich ist und bleibt ein Sonderfall. Besonders was Leben und Treiben der katholischen Kirche dieses Bundeslandes betrifft. Der Pfarrer einer kleinen Gemeinde unterhält nun schon seit Wochen die Öffentlichkeit mit seiner Frauengeschichte – und tanzt dem sehr geduldigen Linzer Bischof Ludwig Schwarz auf der Nase herum. Der wollte einen Schlussstrich unter ein kircheninternes Verfahren gegen Josef Friedl wegen Verletzung des Zölibats ziehen. Das Urteil des Bischofs: Friedl darf Priester bleiben, weil er mit seiner Unterschrift bekundet habe, zum zölibatären Leben zurückzukehren. Nach 25 Jahren Partnerschaft mit einer Witwe ein zumindest beachtlicher Schritt. Zweifel an der Ernsthaftigkeit waren von Beginn an angebracht.

Und berechtigt. Seither vergeht kein Tag, an dem der Ungenacher Pfarrer nicht meint, er wisse nichts von einem Brief, müsse mit dem Bischof sprechen, werde aber jedenfalls an seiner Lebensweise gar nichts ändern. Alles klar? Jetzt gibt es nur zwei Möglichkeiten, die die gravierende Divergenz zwischen den Aussagen von Bischof und Friedl erklären können: Der Bischof oder einer seiner Mitarbeiter hat die Unterschrift des Pfarrers gefälscht. Oder Friedl hat, um den drohenden Amtsverzicht zu verhindern, das Papier unterschrieben, aber nie daran gedacht, sich daran zu halten. In beiden Fällen sind Konsequenzen unvermeidlich. Auch wenn es bei weitem nicht die erste Unaufrichtigkeit im Umgang mit dem Zölibat ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2009)

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