Angst vor Brexit zwingt Tusk in die Knie

Der Ratspräsident macht Cameron Zugeständnisse.

Wenigstens ein Problem muss schleunigst vom Tisch: Diese scheinbar simple Vorgabe macht Donald Tusk den Mitgliedstaaten der Union. Der Ratspräsident lieferte damit den Impetus für die intensiven Verhandlungen zwischen Brüssel und London, die in den vergangenen Tagen beinahe ohne Unterlass stattfanden. Ein Deal soll beim Gipfel in zwei Wochen paktiert werden – länger kann sich die strauchelnde EU nicht mit dem leidigen Thema eines drohenden Britenaustritts aufhalten.

Da das Worst-Case-Szenario den Staatenbund in eine weitere existenzielle Krise stürzen würde, kommt Tusks Kompromissvorschlag den Forderungen des britischen Premiers weit entgegen: Er sieht u. a. eine „Notbremse“ für Sozialleistungen an EU-Ausländer vor. Cameron kann den Deal – so die übrigen 27 Mitgliedstaaten zustimmen – daheim als Erfolg verkaufen, wenngleich er von EU-Gegnern dafür bestenfalls verspottet wird. Ob die Taktik aufgeht, wird sich in wenigen Monaten weisen: Dann dürfte die Regierung das Referendum abhalten.

Vorerst bleiben die EU-Gegner im Aufwind – kaum überraschend angesichts der dramatischen Gemengelage, in der sich die Union befindet. Die Flüchtlingskrise, die mehr als jede andere Materie gemeinsame Lösungen erfordern würde, lässt die Mitgliedstaaten ratlos und zerstritten zurück. So traurig es ist: Nicht nur in Großbritannien ist der Bevölkerung die Lust auf Europa gründlich vergangen.

anna.gabriel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Union flags are painted onto car shaped keyrings for sale in London, Britain
Europa

Umfrage: Nur 36 Prozent der Briten für Verbleib in der EU

Laut einer Umfrage sind 45 Prozent der Briten für den "Brexit". Viele sind noch unentschlossen oder wollen am Referendum nicht teilnehmen.
David Cameron und Donald Tusk.
Europa

Großbritannien: Was die EU London anbietet

Die Umrisse eines Deals liegen vor. Noch ist aber nicht sicher, ob die 27 restlichen EU-Regierungen dem Papier zustimmen.
Premier Cameron und Ratspräsident Tusk.
Europa

Großbritannien bekommt von EU, was Cameron will

Ratspräsident Tusk kam den Briten mit einem Vorschlag entgegen. Sozialleistungen für EU-Ausländer können beschränkt werden, Großbritannien darf sich weiter isolieren.
31 01 2016 London United Kingdom Prime Minister David Cameron meets European Council President
Europa

"Brexit": Tusk legt Reformpaket für Großbritannien vor

Die Briten werden spätestens 2017 über den Verbleib in der EU abstimmen. Bis dahin will Premierminister Cameron eine Reform der EU durchsetzen.
Außenpolitik

"Notbremse" bei Sozialleistungen: EU mit Briten einig

Die EU erlaubt den Briten offenbar, Sozialleistungen für zugewanderte EU-Ausländer zu kürzen, meldet die britische Regierung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.