Erdoğan braucht die Fassade nicht mehr

Warum Davutoğlus Abgang überfällig war.

Zwei Wochen ist es her, dass Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ihr Pendant Ahmet Davutoğlu besucht hat. Damals hing das Konterfei des Premiers über drei Stockwerke eines Hauses. Für das Protzporträt auf der Fassade ist keine Verwendung mehr, denn auch Erdoğan braucht die Fassade Davutoğlu nicht mehr. Man sollte sich hüten, den meist verbindlich auftretenden Professor zu verharmlosen, er ist ein strammer Ideologe.

Im Vergleich zu Erdoğan war er trotzdem das freundliche Gesicht – und jemand, der einen recht guten Draht nach Brüssel pflegte.

Für eines aber war Davutoğlu nicht zu haben: für seines „Sultans“ Machtfantasien in Sachen Präsidialsystem. Da Erdoğan sich nicht mehr ansatzweise bemüht, seine autoritären Züge zu kaschieren, war Davutoğlus Abgang überfällig. Dass ein künftiger Ja-Sager-Premier ihm aber mehr schadet als nützt, dazu fehlt Erdoğan der Weitblick.

helmar.dumbs@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2016)

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