Brasiliens traurige Helden

Olympia im August in Rio steht wahrlich unter keinem guten Stern.

Als sich Brasilien um die Sport-Top-Events, die Fußball WM 2014 und Olympia 2016, bewarb, befand sich das Land im Höhenrausch der Boom-Jahre. Jäh setzte indes der Absturz ein, um just heuer seinen Tiefpunkt zu erreichen.

Ökonomisch ist Brasilien, laut Stefan Zweig die ewige Verheißung der Zukunft, in eine Depression gefallen. Politisch hat sich das Establishment diskreditiert. Zuerst schmiedete die Opposition ein Komplott gegen Präsidentin Dilma Rousseff, das in einer parlamentarischen Farce zu deren Suspendierung führte. In den wenigen Wochen seit Amtsantritt sind dem Übergangspräsidenten Michel Temer mittlerweile bereits drei Minister wegen Korruption abhanden gekommen, zudem die Rädelsführer der Anti-Rouseff-Front. Und auch er selbst steht unter dem Generalverdacht der Geldwäsche, der mehr als die Hälfte der Abgeordneten trifft.

Das Zika-Virus, der Einsturz einer neuen Fahrradbrücke in Rio, nun auch noch der Finanz-Notstand in der Provinz Rio – obendrein das Ausscheiden der Selecão, des Fußball-Nationalteams, bei der Copa America in den USA schon in der Vorrunde: Viel schlimmer kann es kaum kommen. Seit dem 1:7-Debakel gegen Deutschland bei der Heim-WM vor zwei Jahren sind die Brasilianer nur noch traurige Helden, gezeichnet von einem Trauma. Das Milliardenspektakel der Olympischen Spiele wird das Land gewiss nicht aus dem Strudel reißen, sondern womöglich noch eher tiefer hineinstürzen. Armes Brasilien!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2016)

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