Das unfaire Spiel eines Kindergartenbetreibers.
Die selbst gebastelten Plakate, die vor dem Rathaus von den Kindgartenkindern in die Höhe gehalten wurden, waren wirklich herzzerreißend: „Ich will bei meinen Freunden bleiben“, „Alles auf meinem Rücken“ oder „Lasst uns nicht im Regen stehen“ war zu lesen. Wer wagt da schon, hart durchzugreifen und 2300 Kinder und deren Eltern zu enttäuschen?
Die Stadt Wien traut sich das nicht. Darauf hat Richard Wenzel, der die 33 Alt-Wien-Kindergärten betreibt, wohl von Beginn an spekuliert und einen sehr lockeren Umgang mit den Fördermillionen der Stadt gepflegt. 6,6 Millionen Euro soll er zu Unrecht in ein im Familienbesitz befindliches Schloss in Bad Aussee, eine Reit- bzw. Ballettschule sowie in den Bau eines Kindergartens gesteckt haben.
Bislang blieb das, obwohl man ihn vor längerer Zeit ertappte, ohne Konsequenzen. Seit Monaten verhandelt die Stadt mit ihm. Man wollte eine kinderfreundliche Lösung. Doch Wenzel stimmte nicht zu. Er taktierte. Irgendwann wurde es der Stadt zu bunt. Sie stoppte die Gelder und machte den Fall publik. Doch auch die Öffentlichkeit nützte Wenzel für sich. Ohne Geld müsse er die Kindergärten schließen. Damit standen von einem Tag auf den anderen die Arbeitsplätze von 300 Kindergartenpädagogen und die Betreuung von 2300 Kindern auf dem Spiel. Durch den Aufschrei der Betroffenen konnte sich Wenzel nun noch ein paar Zugeständnisse sichern. Beschämend, wie die verständliche Sorge von Eltern und Bediensteten hier instrumentalisiert wurde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)