Vielehe muss Unrecht bleiben

Italien solle Mehrfachehen anerkennen, forderte ein Repräsentant der Muslime in Italien.

Italien solle Mehrfachehen anerkennen, forderte ein Repräsentant der Muslime in Italien, schließlich seien homosexuelle Lebenspartnerschaften neuerdings auch erlaubt: „Polygamie ist ein Zivilrecht.“ Man kann diesen Vorstoß als Schrulle abtun, doch das ist er nicht. Er ist sehr ernst zu nehmen.

Es ist ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen islamisch und christlich geprägten Ländern, dass in diesen die Monogamie die – auch gesetzlich fixierte – Norm ist, in jenen nicht. In allen mehrheitlich muslimischen Ländern außer der Türkei, Tunesien, Albanien und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion ist die Polygamie heute legal; in der Türkei ist sie geduldete Realität. Korrekter: die Polygynie – bei der ein Mann mehrere Ehefrauen hat –, nicht die Polyandrie. Dass eine Frau mehrere Ehemänner haben soll, würden muslimische Geistliche wohl als argen Frevel verurteilen.

Auch in diesem Unterschied liegt der Skandal, den die Polygynie für uns darstellt, darin, dass sie die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen ganz fundamental infrage stellt. Dass sie 1926 in der Türkei verboten wurde, war ein wichtiger Schritt in der Säkularisierung dieses Landes, die derzeit chronisch und akut bedroht ist. Diese Bedrohung wirkt sich auch auf die Länder mit großem Anteil türkischer Immigranten aus, man muss kein Freund des Pathos sein, um zu sagen: Sie gefährdet auch unsere Werte.

Ohne in Panik zu verfallen, müssen Politiker in christlich geprägten, säkularisierten Ländern hier klare Worte finden. Es ist auch nicht zu dulden, dass sich hier Parallelgesellschaften bilden, in denen zentrale Errungenschaften wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau vor dem Gesetz unterlaufen werden.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 08.08.2016)

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