Im Sozialtourismus verrannt

Österreichs Regierung wollte einen populären Schritt setzen – ohne alles bedacht zu haben.

Gleich mehrere Minister und der Bundeskanzler haben sich zuletzt für eine Kürzung der Familienbeihilfe ausgesprochen. Zuwanderer aus anderen EU-Staaten, deren Kinder weiterhin in der Heimat leben, sollen nur so viel erhalten, wie dem lokalen Preisniveau entspricht. Klingt fair. Und ist populär.

Doch die eigene Begeisterung über diesen Vorstoß wurde jetzt von der EU-Kommission gedämpft. Sie sucht nach einer europaweiten Lösung, die nicht auf Sondersituationen wie in Österreich, sondern auf Interessen aller Mitgliedstaaten eingeht. Und da lediglich ein Prozent der Familienbeihilfe EU-weit in andere Länder fließt, sieht sie keinen Handlungsbedarf.

Österreichs Regierung hat nicht nur das nicht bedacht. Ihr ist auch nicht aufgefallen, dass sie die Kürzung einer Leistung vorschlägt, die aus den Lohnnebenkosten finanziert wird, nicht aus Steuern. Wenn es ihr also gelänge, Zuwanderer, die angeblich auf die Maximierung von Sozialleistungen aus sind, damit zum Rückzug in ihre Heimat zu bewegen, wäre der Gewinn für den Rest gleich null. Andererseits wäre die Aktion im Sinne der Abschottungsbefürworter sogar kontraproduktiv, wenn sich viele Zuwanderer dann überlegten, ihre eigene Familie nachzuholen.

Einheimischen Familien bringt das alles jedenfalls nichts.

wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2016)

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