Das Vorgehen der britischen Regierung wird unverantwortlich.
Es ist problematisch, Wahrheiten auszusprechen, die niemand hören möchte. Der britische EU-Botschafter, Ivan Rogers, hat dies dennoch getan und tritt nach Konflikten mit seiner Regierung nun zurück. Er hat vor Fehleinschätzungen gewarnt, die in London zur Abwicklung des EU-Austritts bestehen.
Es mag zum politischen Spiel gehört haben, dass vom Pro-Brexit-Lager im Referendumswahlkampf allein die Vorteile des Alleingangs thematisiert wurden. Doch heute wäre es an der Zeit, die Komplexität der rechtlichen und wirtschaftlichen Vernetzung der Insel mit den EU-Partnerländern offen zu diskutieren. Vom Warenhandel über Finanzdienstleistungen bis hin zur Kooperation der Universitäten ist Großbritannien fest in diese Gemeinschaft eingebunden. Das Herausreißen wird nicht nur Zeit, sondern auch Opfer kosten. Letztere sollten aber nicht jene sein, deren einzige Schuld es ist, sich so wie Ivan Rogers mit diesen Gegebenheiten auszukennen.
Geht die Regierung unter Theresa May weiterhin so dilettantisch mit dem Brexit um, wird die gesamte EU daran leiden. Es gibt starke Interessen an einer weiterhin guten, lebendigen Partnerschaft mit London. Doch dafür braucht es einen Plan, Kompromissbereitschaft und vor allem Realitätssinn.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2017)