Kann denn Grippe Zufall sein?

Die Schließung der ersten Wiener Schule wegen der Schweinegrippe kommt für die schleppend anlaufenden Impfungen sehr gelegen.

Viel besser hätte es nicht kommen können. Einen Tag, bevor die Impfungen gegen die H1N1-Influenza anlaufen, kommt plötzlich die Meldung, dass in Wien die erste Schule wegen der Schweinegrippe gesperrt wird. Halleluja, die Impfbefürworter werden ihre Hände dankbar gen Himmel gestreckt haben. Immerhin ist das genau jene Art von Nachricht, die besorgte Eltern vielleicht doch mit ihren Kindern zu den Impfstellen marschieren lassen wird. Den bisherigen Versuchen, die Bevölkerung von der Wichtigkeit der Impfung zu überzeugen – allen voran die gebetsmühlenartig vorgetragene Empfehlung der Sozialmediziner – stand nämlich der sichtliche Widerwille im Gesundheitswesen und in der Politik gegenüber. Wozu impfen, wenn es nicht einmal der Großteil der Ärzte, ja nicht einmal der Gesundheitsminister selbst für nötig hält. Da können die Impfmuffel noch so oft beteuern, dass sie keiner Risikogruppe angehören.

Natürlich, denn mit Logik ist bei diesem emotionalen Thema nicht viel zu gewinnen – ähnlich wie beim Spekulieren mit Aktien, denn auch hier spielt vor allem Psychologie eine tragende Rolle. Und gerade in Zeiten großer Verunsicherung genügen schon kleine Impulse, um Massen in Bewegung zu setzen – Aktienpakete in der Wirtschaft, besorgte Eltern im Fall der Schweinegrippe. Ohne jetzt den Bereich der Verschwörungstheorie zu betreten – einen besseren Schachzug als die Schulschließung hätte sich auch ein Stratege der Pharmaindustrie kaum ausdenken können. (Bericht: Seite 1)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2009)

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