Das verwehte Schulz-Lüfterl

Der Masterplan der SPD ist im rauen Norden ziemlich durcheinandergeraten.

Im hohen Norden Deutschlands, zwischen Nord- und Ostsee, weht mitunter eine scharfe Brise. Wer sich in Schleswig-Holstein behaupten will, braucht Standfestigkeit. Bei Gegenwind oder bei Sturm kippen die Fischer nicht so rasch aus den Stiefeln – und das erwarten sie auch von den Politikern. Dass sich Angela Merkel von Turbulenzen nicht aus der Ruhe bringen lässt, wissen die Wähler seit Langem. Ihr Kontrahent Martin Schulz muss dies indes erst unter Beweis stellen.

Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein markierten bereits die zweite herbe Schlappe für den SPD-Kanzlerkandidaten, seine Partei und die hochfliegenden Ambitionen der Sozialdemokraten, im Herbst das Kanzleramt zu erobern. Landeschef Ralf Stegner, eloquenter Kommentator in allen Lebenslagen und politischen Fragen, war am Sonntagabend mit einem Mal ganz kleinlaut – und mit ihm waren es seine Parteifreunde in Berlin.

Wie hatten sie bei der überraschenden Kür von Martin Schulz Ende Jänner noch getönt: Euphorisch hatten sie ihn als Messias bejubelt, der die SPD aus dem Schatten der Kanzlerin an die Sonne führen werde. Tatsächlich hat der frühere EU-Parlamentspräsident der Partei einen Schub versetzt, und viele sahen schon die Merkel-Dämmerung gekommen.

Erst das Saarland, danach Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen und als Höhepunkt schließlich Berlin: So lautete der Schlachtplan der Strategen im Willy-Brandt-Haus. Der Masterplan ist jetzt ziemlich durcheinandergeraten. Der Schulz-Effekt ist wie vom Winde verweht. Plötzlich pfeift der Gegenwind den Sozialdemokraten ins Gesicht, die CDU geht dagegen mit Rückenwind in die nächsten Wahlen. Glück für die Kanzlerin: Die politische Großwetterlage hat sich gedreht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2017)

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