Kommentar

Die Revolution des Emmanuel Macron

Nur schnelle Reformen sichern ihm den Erfolg.

An Selbst- und Sendungsbewusstsein, die manche bis vor Kurzem noch an Größenwahn denken ließen, mangelt es dem 39-jährigen Emmanuel Macron nicht. „Revolution“, so betitelte er im Vorjahr seine Handlungsanleitung für die Erneuerung Frankreichs ganz ohne Blutbad. Wie ein Mirakel vollzieht sich in diesem Frühjahr sein Masterplan. Den Franzosen gibt er das Gefühl für die Glorie der Nation zurück, und er inszeniert sich in einer Mischung aus Jupiter, De Gaulle und Napoleon – als Anti-Trump und Führer der freien Welt mit großen Verheißungen: „Make our planet great again.“

Bei den Wahlen nutzte Macron die Gunst der Stunde und den Missmut über die etablierten Parteien. Seine aus dem Boden gestampfte Bewegung schickt sich an, eine absolute Mehrheit zu erringen. Die Umwälzung des Systems – die Degradierung der Republikaner und vor allem der Sozialisten zu Statisten – kommt tatsächlich einer Revolution gleich.

Die Umgestaltung Frankreichs mithilfe Hunderter engagierter Newcomer in der Nationalversammlung ist ein enormes Unterfangen, und die Erwartungshaltung im Land ist nicht minder groß. Sollte sie halbwegs gelingen, wäre es ein Exempel für Europas Demokratien. Dass er die Reformen schnell durchboxen muss, hat Macron begriffen. Er hat ein ambitioniertes 100-Tage-Programm aufgelegt. Denn er weiß nur zu genau: Der Honeymoon ist im Herbst womöglich schon wieder vorbei, wenn die Gewerkschaften gegen die Arbeitsmarktreform auf die Barrikaden gehen werden.

thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2017)

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