Das Kurdenpartei-Verbot bedeutet einen Rückschlag, nicht das Ende für die Aussöhnung.
Es greift zu kurz, den türkischen Verfassungsgerichtshof für das Verbot der kurdischen „Partei für eine demokratische Gesellschaft“ (DTP) zu schelten. Richter fällen ihre Urteile nach Maßgabe von Gesetzen. Geändert werden müssen also vor allem die Paragrafen, mit denen die Richter ihre regelmäßigen politischen Eingriffe rechtfertigen.
Und doch lässt sich nicht leugnen, dass die alte kemalistische Elite, die auf demokratischem Weg an den Rand gedrängt wurde, ihre Stellvertreterkriege nun auf juristischem Weg austrägt. Ewig aber werden sich auch Bastionen wie das Justizsystem und die Armee nicht gegen gesellschaftliche Trends abschotten können. Eine dieser Entwicklungen deutet in Richtung einer Aussöhnung mit den Kurden: Die islamische Regierung erlaubte zuletzt kurdische Sender, Kurdisch-Unterricht an Unis und den Gebrauch des Kurdischen in Wahlkämpfen. Das Gericht untergräbt nun diese Bemühungen.
Politisch bedeutet das Verbot der Kurdenpartei einen Rückschlag, aber nicht unbedingt das Ende für die Normalisierung. Vor allem, wenn die DTP-Abgeordneten so klug sind und im Parlament bleiben, um ihre Arbeit im Namen einer neuen Partei fortzuführen. Das Parteienverbot öffnet zwar das Tor zur Radikalisierung, doch niemand ist gezwungen durchzugehen. Ganz abgesehen davon sollten sich gemäßigte Kurdenpolitiker stärker von der terroristischen PKK distanzieren. Dann fällt das wesentliche Argument für das Parteienverbot weg.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2009)