Weg mit unislamischer Kunst?

Geht es nach den Hadithen, dann sind alle Bilder „haram“, die ein Lebewesen zeigen.

Das Metropolitan Museum in New York habe Bilder des Propheten Mohammed aus der Ausstellungszone für islamische Kunst entfernt, nachdem konservative Muslime die Entfernung der Bilder gefordert hätten, meldet die „New York Post“. Platzprobleme, wie die Sprecherin des Museums sagt, oder Angst vor muslimischem Volkszorn?

Letzteres wäre typisch für die Demutshaltung des Westens gegenüber religiösen Traditionen, sofern sie dem Islam entstammen. Dabei haben offenbar viele Muslime gar nichts gegen Bilder des Propheten einzuwenden – warum sonst kann man im Iran neben Moscheen und Mausoleen ein Prophetenporträt kaufen, das den jungen Mohammed darstellen soll? Außerdem wird dieses Tabu unterschiedlich, zum Teil sogar widersprüchlich begründet: Die einen sagen, Propheten, die ja nur Menschen seien, dürften wegen der Gefahr der Anbetung und übertriebenen Verehrung nicht dargestellt werden, die anderen sehen Mohammed-Bilder im Gegenteil als Respektlosigkeit, weil ein Bild dem Charakter des Propheten nie gerecht werden könne.

Kein Wunder, wo doch die islamische Tradition nur eine poröse Grundlage für ein so strenges Tabu liefert. Zwar tritt Mohammed in Sakralbauten so gut wie immer verschleiert und von himmlischen Flammenzungen umgeben auf, aber in der profanen Literatur wurde der Prophet oft und gerne gemalt. Und was könnte profaner sein als ein westliches Kunstmuseum? Meist galten in der Vergangenheit nur jene Darstellungen als verboten, die als Gegenstände religiöser Verehrung dienten.


Wenn die islamische Tradition selbst also viel weniger rigoros war als heute der westliche „Respekt vor religiösen Gefühlen“ – wie auch die Existenz der drei frühen Mohammed-Darstellungen im Metropolitan Museum beweist –, worauf können sich die Verfechter des Mohammed-Bild-Tabus dann noch berufen? Auf den Koran und die Hadithen? Im Koran kommt das Thema nicht vor, und geht es nach den Hadithen, den Überlieferungen über den Propheten, dann sind nicht nur alle Mohammed-Bilder „haram“, sondern sämtliche Bilder, die ein Lebewesen zeigen. „Am Tag des Gerichtes werden am strengsten bestraft der Mörder eines Propheten und der Schöpfer von Bildwerken und Abbildungen“, heißt es da etwa. Niemand darf mit dem Schöpfergott in Konkurrenz treten. Gewisse Traditionen verboten selbst das Schachspiel, andere erlaubten die Abbildung von kopflosen Personen oder Tieren. In saudiarabischen Freizeitparks finden sich bis heute keine gemalten Figuren mit Gesichtern.


So gesehen müsste das Metropolitan Museum aus Respekt vor der islamischen Überlieferung nicht nur Mohammed-Bilder und andere unislamische islamische Kunst aus seinen Sammlungen entfernen, sondern sämtliche Gemälde, außer reinen Landschaftsbildern und abstrakter Malerei.

Bei den wertvollsten Gemälden könnte man sich vielleicht damit begnügen, nur die Köpfe zu übermalen. Noch ist es nicht so weit, noch werden nur die Namen von Sammlungen übermalt: Die „Islamischen Galerien“ werden künftig nicht mehr so heißen, stattdessen wird der Besucher Kunst aus dem „arabischen Raum, der Türkei, dem Iran etc.“ bewundern dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.