Der letzte Kreuzritter

Wenn Richter im Unrecht sind: Verehrerbrief an Frau Edtstadler

Als Armin Wolf sie in der „ZiB2“ zur Einzelschlachtung führte, bewunderte ich die gute Kinderstube der Staatssekretärin.

Ich kenne sie nur aus dem Fernsehen, aber Karoline Edtstadler begeistert mich. Die Ablehnung, die der Opferschutz-Initiative der Staatssekretärin entgegenschlägt, verdeutlicht eine Sackgasse des Feminismus. Während Feministen sich in #MeToo-Debatten darüber verlieren, ob grenzwertige Witze oder peinliche Aufrissversuche nicht auch schon strafwürdig wären, empören sie sich gegen das Ansinnen, Tätern tatsächlicher Vergewaltigungen den Strafrahmen zu erhöhen. Sie werden nicht rot, wenn sie behaupten, dem Opfer wäre die Strafhöhe egal. Wer eben noch die Zuwanderung sexhungriger Burschen aus dem Morgenlande guthieß, verteidigt selbstgerecht schäumend eine Rechtslage, in der ein Vergewaltiger nach wenigen Monaten Haft freigehen kann. Nur weil der richtige Vorschlag von einer rechten Regierung kommt.

Ich sah Edtstadler „Im Zentrum“, moderiert vom Ferienfreund des SPÖ-Chefs, dort ging es 5:1 gegen sie. Als sie das Akzeptanzproblem eines OGH-Urteils ansprach, überschlug sich die Stimme des Spitzenrichters Friedrich Forsthuber: „Da haben wir jetzt aber ein Problem mit dem Rechtsstaat.“ Ja, das haben wir jetzt.

Dass die Gerichte in Österreich großen Respekt genießen, halte ich für ein hohes Gut. In Osteuropa gehen viele nur in die Justiz, um ungestraft Verbrechen zu begehen, während Richter in Westeuropa, vor allem in Straßburg, eine kreuzfeindliche Homo-Gender-Ideologie durchdrücken. Lang habe ich geglaubt, Österreich sei mit seinen Richtern gesegnet. Seit 2017 habe ich aber Sorge.

2017 reduzierte der Oberste Gerichtshof die Strafe des irakischen Flüchtlings, der nach der Vergewaltigung eines Buben seelenruhig vom Dreimeterbrett gesprungen war, von sieben auf vier Jahre. Vier Jahre – so viel bekam Ernst Strasser für die bloße Absicht, sich an Lobbyisten zu verkaufen. Ich fand Strassers Urteil richtig, da wurde ein Exempel statuiert. Mit Blick auf die neuen Einwohner, die in einem Islam erzogen worden sind, der für Vergewaltigung gern mal das Opfer bestraft, hätte es erst recht ein Exempel gebraucht. So aber richtete der OGH großen Schaden an.

Ebenfalls 2017 führte unser Verfassungsgerichtshof die Homo-Ehe ein. Gewiss geschah das auf Basis eines vermurksten Gesetzes, doch zog der VfGH hier als einziges Gericht der Welt die Kompetenz des Parlaments an sich. Zu meiner Überraschung kennt Österreich offenbar keinen Abwehrreflex gegen Verletzungen der Gewaltenteilung – die Öffentlichkeit reagierte wurschtig.

In Zeiten, in denen Richter Gesetze nicht mehr nur auslegen, sondern auch beschließen, ist die Demokratie am Zug. Ich bin kein Experte, der Katechismus meiner Kirche gibt keine Strafrahmen vor, den lieben Gott muss ich aus dem Spiel lassen. Mir kommt halt vor, wenn auf Vergewaltigung ein bis zehn Jahre stehen, braucht man gleich gar keinen Strafrahmen. Drunter ist fast nur noch der Hendldieb, drüber fast nur noch der Mörder. Die Legislative überlässt ihre Gestaltungsmacht ohne Not der Jurisdiktion. Ich finde, ein Vergewaltiger sollte mindestens zwei bis drei Jahre ausfassen. Das sagt mir mein Rechtsempfinden, das ich übrigens nicht von Facebook beziehe. Ich hatte dort nie ein Profil.

Ich weiß schon, man bereut es immer, wenn man Politiker in der Zeitung lobt. Angesichts des Unrechts, das Karoline Edtstadler widerfährt, kann ich aber nicht anders. Ich halte sie für die richtige Frau am richtigen Platz.

Martin Leidenfrost, Autor und Europareporter, lebt und arbeitet mit Familie
im Burgenland. E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2018)

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