Die Illusion vom starken Führer

Kremlchef Putin
Kremlchef PutinAPA/AFP/MLADEN ANTONOV
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Autoritäre Politiker schaffen im globalen Chaos keine Ordnung. Sie gefährden vielmehr den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Staaten.

Warum haben Putin, Erdogan oder Orban so viel Erfolg? Nicht trotz, sondern wegen ihres autoritären Führungsstils. Denn es ist längst belegt, dass sich immer mehr Menschen starke Persönlichkeiten an der Spitze ihres Staates wünschen. Sie scheinen ihnen die richtige Antwort auf eine globalisierte Welt, in der alles immer unübersichtlicher wird. Statt der mühsamen Balance der Macht in Demokratien, statt der langwierigen Entscheidungsprozesse erhoffen sich ihre Anhänger von ihnen, rasche, klare Antworten auf die ständig neuen Herausforderungen.

Die heute präsentiere Studie der Bertelsmann Stiftung, die sich mit dem Zustand der Demokratie in 129 Ländern befasst, zeigt, was für eine große Illusion dieser Traum vom starken Führer ist. Denn mit dem Aushöhlen des Rechtsstaats, mit mehr direkter Kontrolle von oben, geht in den meisten Fällen ein wirtschaftlicher Abschwung einher. Warum, ist einfach erklärt: Die Dynamik einer Autokratie führt dazu, dass sich mit der Zeit Korruption und Nepotismus breit macht. Der Erfolg durch Abschottung und staatlicher Kontrolle dauert meist nur kurz. Statt fairem Wettbewerb und Chancengleichheit, haben Personen und Unternehmen, die sich nahe am Machtzentrum eingenistet haben, schlicht mehr Gelegenheit, Gewinne zu lukrieren.

Warum kommt Russlands Volkswirtschaft kaum vom Fleck? Warum steht das ölreiche Venezuela vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch? Autokratien zerstören jene gesunden Teile der Marktwirtschaft, die ausgleichend wirken, die einen Erfolg von vielen, statt einiger weniger Oligarchen oder Familienmitgliedern möglich machen. Sowohl die Demokratie als auch die Marktwirtschaft sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt alles andere als perfekt. Auch sie haben manchen Wildwuchs zugelassen. Auch sie haben sich weg von den Menschen hin zu manch einem Interessenkartell entwickelt. Aber in Demokratien gibt es immerhin noch eine parlamentarische Kontrolle, freie Medien und eine unabhängige Justiz, die als Korrekturinstrumente zur Verfügung stehen. 

Und noch eines haben Putin, Erdogan und Orban gemeinsam. Sie füttern ihre Popularität mit Feindbildern. Ob das der Westen schlechthin, die Kurden oder George Soros sind, diese Feindbilder dienen nur der Absicherung ihrer Machtbasis. Dass sie Unfrieden stiften, Minderheiten ausgrenzen und eine Dynamik von immer neuem Hass produzieren, ist diesen Politikern ein einkalkulierter Kollateralschaden. Für die Menschheit sind sie hingegen der Treibstoff für historisch immer neu aufgekochte Konflikte - für einen zähen Unfrieden.

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