Die Reinigung wird lange dauern

Viel Druck wird Waltraud Klasnic von den Kirchenoberen nicht nehmen. Das Projekt „Neues Vertrauen“ wird ein langfristiges sein.

Ob die Ernennung Waltraud Klasnics zur Opferschutzbeauftragten eine neue Qualität in der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen bringen wird oder eine medial gut platzierte Ges-te bleibt, muss man abwarten. Dass sie nur wenig Druck von den Kirchenoberen nehmen wird, ist aber jetzt schon klar. Denn die Situation ist wohl vorläufig gar nicht rettbar: Solange der Papst nicht zurücktritt oder Schönborn den Stephansdom für die Opfer verpfändet, wird die reinigende Katharsis ausbleiben.

Es ist ja so, dass sich der Großteil der öffentlichen Aufregung auf alte Fälle – sowohl der Taten wie ihrer Vertuschung – bezieht. Die kann aber keiner mehr ändern, und was seither an Fortschritten geschehen ist, von der verbesserten Auswahl und Ausbildung der Priester, der schärferen (okay: ein wenig angeschärften) Kontrolle durch Rom oder der Institutionalisierung der Opferbetreuung, das wird derzeit kaum wahrgenommen.

Den Vertrauensverlust wettzumachen wird nur über einen längeren Zeitraum möglich sein – aber auch die dafür notwendigen Anstrengungen werden der Kirche als Institution letztlich nur guttun. Ob da einzelne Vorwürfe überzogen oder einzelne Medien unfair sind, sollte sie da weniger anfechten. Hat Jesus, vor seine Ankläger gestellt, sich entrüstet über die gegen ihn gerichtete „Kampagne“ beschwert? Nachfolge Christi heißt eben leider auch, unfair behandelt zu werden.

michael.prueller@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2010)

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