Wenn nur der Petersplatz bleibt

Statt mit klärenden Worten reagierte der Vatikan am Osterwochenende mit Arroganz und Überheblichkeit auf die Kirchenkrise.

Die Via della Conciliazione in Rom endet in einer anderen Welt. In einer, in der Menschen ohne Wenn und Aber hinter dem Papst stehen und in der die Begeisterung für die Kirche so groß ist wie die Hingabe zu Jesus. Wer zu Ostern über die „Straße der Versöhnung“ auf den Petersplatz ging, sah nur fröhliche, beseelte Menschen.

Die stimmten wohl auch alle dem zu, was auf diesem Platz anlässlich des höchsten Kirchenfeiertages gesagt wurde. Niemand ärgerte sich hier, wenn der oberste Kardinal die Vorwürfe des sexuellen Kindesmissbrauchs durch Priester als „Geschwätz“ bezeichnete. Oder fand Vergleiche mit dem Antisemitismus seltsam. Oder schüttelte den Kopf über die Vatikan-Zeitung „L'Osservatore Romano“, die hinter den vielen Vorfällen überall auf der Welt nichts anderes sieht als eine „abscheuliche Diffamierungskampagne“.

Nein, um die Menschen, die aus aller Welt auf den Petersplatz nach Rom kommen, muss sich die Kirche nicht sorgen. Wenn sie sich aber weiter so geriert, wenn der Vatikan statt mit klärenden Worten, wie man sie von den Kirchenoberen in Österreich und Deutschland hört, mit solcher Arroganz und Ignoranz auf die schwerste Krise der jüngeren Kirchengeschichte reagiert wie am vergangenen Wochenende, dann werden diese Menschen auf dem Petersplatz bald alles sein, was der katholischen Kirche an Anhängern noch bleibt. (Bericht: Seite 6)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2010)

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