Und wem nutzt noch ein Supermarkt in der Stadt?
Den Wienern ein Kaffeehaus zu nehmen ist keine so gute Idee. Selbst dann nicht, wenn sie es vorher kaum von innen gesehen haben und lieber den Touristen überlassen haben. So war das schon mit dem Café Griensteidl, das zwar wie ein Traditionscafé wirkte, allerdings erst 1990 im Palais Herberstein eröffnete. Groß war die Aufregung, als vor etwa eineinhalb Jahren klar wurde, dass das Café Griensteidl schließen würde. Ebenso groß die Angst, dass eine internationale Handelskette einziehen könnte.
Jetzt wird die Nachricht, dass eine Billa-Filiale in das Palais Herberstein kommen könnte, mit ähnlichem Unbehagen aufgenommen. Dazwischen gab es zwei höchst unterschiedliche Pop-up-Lokale: einmal ein junges, kreatives (Rien) und einmal ein touristisches (Café Klimt). Die Aussicht auf eine Supermarktfiliale weckt bei manchen gar Sympathien für das Touristencafé.
Die Emotionen sind verständlich, steckt doch dahinter die Frage: Wem gehört die Innenstadt? Und für wen ist sie vor allem da? Die Balance zwischen Einheimischen und Touristen zu halten ist nicht leicht. Denn selbst wenn man meint, ein Lebensmittelgeschäft dient der Nahversorgung, beschränkt sich diese doch vor allem auf jene, die hier arbeiten – oder urlauben.
Aber an Identität gewinnt eine Innenstadt durch Supermarktfilialen nicht. Gibt es in der Stadt doch ohnehin schon genug. Schade eigentlich, dass man nicht etwas Neues wagt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2019)