Wegschauen nach Tschetschenenmord

Österreich hat den tschetschenischen Präsidenten als Mordanstifter in Verdacht. Schritte sind aber nicht abzusehen.

Schon einmal kam Innenministerin Maria Fekter (VP) wegen des Mordfalles Umar Israilow in Bedrängnis. Der anerkannte Flüchtling wurde am 13.Jänner 2009 in Wien erschossen. Er hatte zuvor um Personenschutz gebeten, ihn aber nicht bekommen. Diese Entscheidung hatte Fekter zu verantworten. Zumindest diejenigen des Killerkommandos, die verhaftet wurden, müssen mit Anklagen rechnen. Hinter der Hinrichtung soll laut österreichischen Verfassungsschutzes der tschetschenische Präsident von Russlands Gnaden, Ramsan Kadyrow, stecken. „Warum hätte ich ihn töten sollen?“, fragte Kadyrow 2009 im „Presse am Sonntag“-Interview.

Etwa, weil Israilow, einst wider Willen im Sold des Präsidenten, ein Abtrünniger war. Jemand, der gefoltert wurde, sich den Forderungen nach Rückkehr widersetzte. „Sollten Fehler passiert sein [...], sind Konsequenzen zu ziehen“, sagte Fekter nach dem Mord. Zeit für Konsequenzen wäre schon bei der Fußball-Euro 2008 gewesen, als es Hinweise gab, dass Fußballfan Kadyrow still und leise einreiste, um das Spiel Russland–Griechenland zu sehen. Damals blieb die Polizei in Deckung. Die Staatsanwaltschaft wohlgemerkt auch. Internationalen Konflikten dieser Kategorie begegnet Österreich (Stichwort Kurden-Morde) traditionell mit Wegschauen. Das Risiko, dass sich dies plötzlich ändern würde, ist für Präsident Kadyrow überschaubar.


manfred.seeh@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2010)

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