In der relativen Gefahrenzone

Wie schlau: Nichtraucherzonen schützen vor Passivrauchen – aber nur, wenn es im Lokal keine Raucherzonen gibt.

Der Gast kann ja bitte schön wählen. Sagen Gegner eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie gern, wenn die Rede auf die Gesundheitsrisken durch Zigaretten kommt. Das Argument ignoriert zwar die beschränkte Wahlfreiheit anderer (z.B. der Kellner), ist aber an sich richtig: Als Gast kann man sich inzwischen in den meisten Lokalen entscheiden –für oder gegen Rauch, für Feinstaubpartikel oder saubere Luft.

Die sich nun allerdings blöderweise als nicht ganz so sauber herausstellt. Wie eine Studie der Med-Uni Wien beweist, ist die Feinstaubbelastung in „gemischten“ Lokalen in der Nichtraucherzone höher als draußen auf der Straße, wo der Verkehr brummt, und höher als in reinen Nichtraucherlokalen. Der Testzeitraum erstreckte sich dabei bis Oktober 2010, also bis nach Ende der Übergangsregelung. Was wiederum heißt: Das Rauchergesetz wirkt nicht, wie es soll – auch beim Schutz vor Passivrauchen nicht. Wobei man das schon 2007 hätte wissen können, denn bereits damals machte die Med-Uni eine Luftanalyse in Lokalen mit abgetrennten Zonen und stellte fest, dass sich die Nikotinkonzentration in der Atemluft kaum veränderte.

Die Daten zur Feinstaubbelastung in der Nichtraucherzone sind damit ein weiteres Argument für eine wirklich saubere Lösung, sprich ein echtes Verbot, das man aber nur einführen kann, wenn man den Wirten, die in eine Trennung investiert haben, ihre Kosten irgendwie abgilt. Bis dahin wäre es aber nur fair, wenn die Wirte und der Gesundheitsminister, die gern die Wahlfreiheit des Gastes beschwören, diese auch ernst nehmen und die Gäste künftig informieren, was sie wählen, und zugeben, dass die durchgestrichene Zigarette keine sichere Zone, sondern bloß eine relative Gefahrenzone ausweist.

ulrike.weiser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2011)

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