Freiheit für das freie Wort

Wieso Blödheit nicht unbedingt bestraft werden muss. Und Wörtern zu viel Wert beigemessen wird.

durchgeknallte Modeschöpfer Galliano soll in einem Café „I love Hitler“ krakeelt und Gäste antisemitisch beschimpft haben. Das ist selbstredend jenseitig. Aber muss man ihn deshalb vor Gericht stellen – mit einem Strafrahmen von bis zu sechs Monaten Haft? Ebenfalls vor Gericht stand der Rechtspopulist Wilders. Er hatte den Islam eine „faschistische Ideologie“ genannt, den Koran mit „Mein Kampf“ verglichen. Man kann diese Meinung für eine völlig unzulässige Polemik halten, aber er soll sie äußern dürfen. Wilders wurde – zu Recht – freigesprochen. Und bei uns faselte ein Herr Hamidi etwas davon, dass Sport ungesund für Frauen sei (wobei er nur den Spitzensport gemeint haben will). Er ist dann eh zurückgetreten, aber man hat den Eindruck, dass auch ihn manche gerne noch vor den Kadi zerren würden.

Dies sind – zugegeben – drei sehr drastische Beispiele für den Umstand, dass Menschen heute mehr an ihren Worten als an ihren Taten gemessen werden. Wohl ein „Verdienst“ allzu engagierter Sprachwissenschaftler. Ähnlich irritierend ist ja schon seit jeher, dass Menschen, deren „religiöse Gefühle“ verletzt werden könnten, eine Art Sonderstatus haben. Warum eigentlich? Jeder soll an den Gott glauben, an den er will. Es soll sich aber auch jeder ungestraft darüber lustig machen können. An Lächerlichkeit nur schwer zu überbieten ist auch der Begriff der „Ehrenbeleidigung“. Was ist heutzutage Ehre? Ein Begriff aus vorigen Jahrhunderten, der in der „Unsere Ehre heißt Treue“-Zeit auf die Spitze getrieben wurde.

Ein Kärntner hat nun übrigens seine eigene Tochter geklagt. Weil sie ihn auf Facebook beleidigt hat.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2011)

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