Ewald Nowotny, „ganz privat“

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Gouverneur Nowotny denkt laut nach – und löst damit eine Welle der Entrüstung aus.

Glosse

Aus Sicht von Ewald Nowotny ist die Zeit gekommen, dass sich die EZB mit der Möglichkeit einer Umschuldung Griechenlands befasst. Das sagte das EZB-Ratsmitglied etwas verschlüsselt in einem Live-Interview mit dem Fernsehsender CNBC. Nowotny hat natürlich völlig Recht: Es ist keine Sekunde zu spät, dieses Thema endlich anzugehen.

Was nichts daran ändert, dass Nowotny mit seiner Aussage für helle Empörung sorgt. Das deshalb, weil sich die EZB offiziell noch mit Händen und Füßen gegen eine Umschuldung Griechenlands wehrt.

Nun haben Fernseh-Interviews den großen Nachteil, sich nicht einfach dementieren zu lassen. Weshalb es aus dem Umfeld Nowotnys und der Zentralbank heißt, dass der Gouverneur keineswegs die Linie von EZB-Chef Trichet durchkreuzt habe. Er, Nowotny, habe vielmehr seine private Sicht der Dinge dargelegt.

Klar. Das ist ungefähr so, als hätte Ronald Reagan am Höhepunkt des Kalten Krieges in ein Mikrofon gehaucht, dass Moskau gut beraten wäre, sich mit den Folgen eines Atomangriffs durch die USA zu befassen. Um wenig später klarstellen zu lassen, dass das natürlich nur seine Privatmeinung gewesen war. Nur: In manchen Ämtern gibt es keine privaten Meinungen. Alles ist amtlich. Das sollte aber Mitglieder des EZB-Direktoriums nicht davon abhalten, das auszusprechen, was ohnehin alle Welt weiß.

franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2011)

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