Jahrelang wachten die Grünen über die Sitten im AKH. Mit der Regierungsbeteiligung begann das Wegschauen.
Was die Ermittler über Auftragsvergaben im Wiener AKH zusammengetragen haben, ist starker Tobak. Auch wenn es (noch) keine Anklage gibt und für alle Beschuldigten (wie immer) die Unschuldsvermutung gilt: Der Bürger darf sich seinen Teil denken.
Nicht nur über Beamte, befreundete Unternehmen und die SPÖ. Man hat inzwischen zur Kenntnis genommen, dass die rote Macht aus dem Rathaus in den vergangenen Jahrzehnten das Entstehen von Sümpfen zugelassen hat, in denen selbstherrliche Stadtbedienstete freihändig Millionenaufträge versprechen. Was wirklich schockiert, ist das Schweigen der Grünen. Lange Zeit wachte die selbst ernannte Aufdeckerpartei über die Sitten im AKH. Dabei wurde mancher Missstand abgestellt. Auch der gegenständliche Fall war bis in den Herbst 2010 hinein Thema. Sogar ein Sondergesundheitsausschuss wurde einberufen. Politische Kontrolle, wie sie sein sollte.
Seit der Regierungsbeteiligung ist das anders. Maria Vassilakou und die Ihren sind im eisernen Griff der SPÖ erstarrt – und schweigen. Keine Kritik, kein Lösungsvorschlag, keine Presseaussendungen. Es ist naiv zu glauben, dass der Juniorpartner einer Regierungskoalition Oppositionspolitik betreiben kann. Weniger naiv ist die Feststellung, dass das nachhaltig die Glaubwürdigkeit der Grünen beschädigt. Schade? Nur für Sympathisanten. Aber: Mangels notorischer Uninformiertheit der Opposition trifft das langfristig auch den Steuerzahler.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2011)