Verheerende Strategiespiele

Die Politik der verbrannten Erde: Wie man Richtiges auch taktisch falsch angehen kann.

Grundsätzlich spricht einiges für die Abschaffung der Wehrpflicht: 66 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs junge Männer zum Militärdienst zwangszuverpflichten, anstatt ihnen die Möglichkeit zu geben, sich auf ihr Berufsleben vorzubereiten, in dieses einzusteigen oder es fortzuführen, erscheint einigermaßen anachronistisch. Warum soll – wie bei der Polizei – nicht auch bei Aufgaben der militärischen Sicherheit Profis der Vorzug gegeben werden? Sofern sich dafür Geeignete in passender Zahl finden lassen.

In der ÖVP wurde das lange ähnlich gesehen – etwa in der derzeit anderweitig nicht gerade bestens beleumundeten Ära Schüssel. Doch mit dem Schwenk der SPÖ schwenkte auch die ÖVP.

Der Meinungsumschwung der SPÖ, Jahrzehnte Hüterin der Wehrpflicht, war zwar bemerkenswert, taktisch aber ein Desaster. Dem Koalitionspartner ausgerechnet via „Kronen Zeitung“ kurz vor Wiener Wahlkampfschluss auszurichten, dass die Wehrpflicht nun abzuschaffen sei, ließ diesem kaum eine andere Wahl, als sich zu verweigern. Zumal auch kein schlüssiges Konzept (eigentlich gar keines) vorlag, sondern alles sehr nach billigem Wahlkampfgag roch. Das Konzept wird nun peu à peu nachgereicht. Die Erde ist allerdings verbrannt. Erschwerend kommt hinzu, dass der derzeitige ÖVP-Chef, der Reserveoffizier Michael Spindelegger, auch persönlich Anhänger der Wehrpflicht ist.

Und da man einen Fehler, den man einmal begangen hat, am besten noch einmal begehen sollte, drängt Werner Faymann die ÖVP nun „unverzüglich“ zu einer Volksabstimmung. Via „Krone“.

oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2011)

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