Eine Niederlage für die Bildung

Allein die Blockadeparteien profitieren von der Lethargie.

Nichts ist es geworden mit dem Schulterschluss der Österreicher für eine Bildungsreform, den Hannes Androsch mit seinem Volksbegehren beschwören wollte. Daran kann auch alle Schönfärberei, in der sich so mancher Unterstützer wohl üben wird, nichts ändern: Das Volksbegehren ist genau das, wozu es die Initiatoren in ihrer fast penetranten Dauerbeschallung hochstilisiert haben. Es ist Gradmesser dafür, welche Bedeutung dem Thema Bildung – abseits vordergründiger Aufgeregtheit – tatsächlich in der Bevölkerung beigemessen wird. Nämlich keine.

Zu verdanken ist diese Lethargie nicht zuletzt den Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP, die mit einer kraftlosen, ideologisch verbohrten Schul- und Uni-Politik jede Hoffnung auf Reformen, die diesen Namen verdienen, erstickt haben. Sie beschränken sich darauf, ihrer sinkenden Zahl an Anhängern via Boulevardmedien halbseidene Kompromisse – zuletzt jenen zur Neuen Mittelschule – als Erfolge zu verkaufen.


Dass ausgerechnet ein (per se schon) zahnloses Begehren – noch dazu organisiert von einem 73-jährigen selbst ernannten Mutbürger, der zu lange selbst Teil des mutlosen politischen Systems war – daran auch nur irgendetwas ändern könnte, war den wenigsten zu vermitteln. Das ist schade. Zeugt aber zumindest davon, dass sich mancher einen Rest an politischem Realitätssinn bewahrt hat.

Eigentlicher Verlierer des Abends ist nicht Hannes Androsch. Sondern das Bildungssystem selbst. Denn die Chance, die Schüler, Eltern, Studierenden und Pädagogen aus der Geiselhaft der ÖVP-Blockadefraktion und einer in Uni-Belangen visionslosen SPÖ zu befreien, ist vertan. Bleibt nur zu hoffen, dass die Koalition die niedrige Beteiligung nicht auch noch als Bestätigung ihrer Nichtpolitik versteht.

christoph.schwarz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Hochschule

„Bildung ist Österreichern kein großes Anliegen“

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) über die Wirkungslosigkeit des Bildungsvolksbegehrens, „Ghettoschulen“ und die Gesprächsverweigerung von Unterrichtsministerin Claudia Schmied.
Volksbegehren SPoe will Forderungen
Schule

Volksbegehren: SPÖ will Androsch-Ideen umsetzen

Die Sozialdemokraten werten die 384.000 Unterschriften als Unterstützung für ihre Bildungsreformen, vom Koalitionspartner ÖVP kommt Häme.
383820 Unterschriften fuer Bildungsvolksbegehren
Schule

383.820 Unterschriften für das Bildungsvolksbegehren

Das Bildungsvolksbegehren bleibt hinter den Erwartungen zurück. Vor allem in den Bundesländern kam die Initiative schlecht an. Androsch: „Die Zahlen sagen nichts über die Sympathie in der Bevölkerung aus“.
Politologe Filzmaier Forderungen komplex
Schule

Politologe Filzmaier: "Forderungen zu komplex"

Androsch hätte den Mut zur inhaltlichen Vereinfachung haben und sich auf drei Kernforderungen einigen müsse, sagt Filzmaier. Auch das Timing könnte eine Rolle für das schwache Ergebnis gespielt haben.
Starker Zustrom Wien maessige
Schule

Detailergebnisse: Wien kann das Begehren nicht retten

Insgesamt haben 8,77 Prozent der Wiener unterschrieben, im ersten Bezirk sogar 28 Prozent. In den Bundesländern fällt die Unterstützung geringer aus: Am schwächsten ist die Beteiligung in Tirol.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.