Der ewiggestrige Zeitgeist der Jungen

Die politische Aufklärung der Jugend darf nicht auf dem Niveau dumpfer Stammtischparolen basieren.

Kann man Jugendliche eigentlich als ewiggestrig bezeichnen, wenn sie das Gestern gar nicht miterlebt haben? Ja, kann man. Schließlich scheint ein Gutteil der jungen Wiener nicht viel anders zu denken als so manche Vertreter der Großelterngeneration, für die im Nationalsozialismus „nicht alles schlecht“ war. Und die, Auschwitz hin oder her, ihren stumpfen Antisemitismus einfach in ein neues Gewand („Ostküste“ & Co.) gestülpt haben.

Der offene Antisemitismus und die noch viel deutlicher ausgeprägte Türkenfeindlichkeit, die eine aktuelle Studie des Instituts für Jugendkulturforschung aus dem jugendlichen Zeitgeist geschürft hat, sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die Jungen die Stupidität der politischen Diskussionen ihrer Elterngeneration, die sich im Nachbrüllen von Parolen erschöpft, nahtlos übernommen haben.

Die Konsequenz kann nur sein: Politische Bildung muss ein Pflichtfach werden. Auch in Pflichtschulen. Denn es kann nicht sein, dass für die politische Bildung der Jugend der Stammtisch zuständig ist – für den im Nationalsozialismus „nicht alles schlecht“ war.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2011)

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