Teurer Wunsch nach Ruhe

Das nächste Hilfspaket für Athen bringt noch nicht die Lösung, nur einen Zeitgewinn.

Das Wort „Atempause“ ist ein semantisch zweifelhafter Begriff, bedeutet er doch eigentlich, dass es eine Zeit gibt, in der nicht geatmet wird. Der semantisch korrekte Wunsch, den ganz Europa mit dem nächsten Hilfspaket für Griechenland verbindet, ist eher der nach einer „Ruhepause“. Das 130-Milliarden-Paket soll Athen vorübergehend aus den Schlagzeilen bringen, die Finanzmärkte beruhigen und der Regierung in Athen Zeit geben, ihre Schulden abzubauen. So weit der Plan, so weit die Hoffnung.

Zu einer völligen Rettung Griechenlands, zu einer Lösung für den gesamten Euroraum werden die 130 Milliarden Euro freilich nicht ausreichen. Die Angst vor einem Fass ohne Boden wird uns also weiter begleiten. Griechenland ist ja auch nicht allein das Problem. Es braucht über dieses Paket hinaus einen Euro-Rettungsschirm, der so groß ist, dass er glaubhaft Länder wie Italien umspannen kann. Und würde selbst über einen solchen weiteren finanziellen Kraftakt eine längere Ruhepause erkauft werden, wäre das Grundproblem damit noch nicht bereinigt: die Sanierung aller europäischer Staatshaushalte.

Nach Monaten mit immer neuen Horrormeldungen gieren wir alle nach Ruhe – nicht nur in Griechenland. Doch es muss klar sein, dass diese Ruhephase auch im übertragenen Sinn keine „Atempause“ wird. Sollten sich die Märkte beruhigen, und sollte das Wachstum in Folge wieder steigen, erwartet uns eine anstrengende Zeit, in der wir in erster Linie für die Sanierung unserer Staaten, nicht für unseren eigenen Wohlstand arbeiten werden.

wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2012)

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