Vertrauensfrage für Frau Karl

Die Ministerin muss sich entscheiden: für die Justiz? Oder doch lieber für die Partei?

Der jüngste APA/OGM- Vertrauensindex über Österreichs Institutionen braucht Ministerin Karl nicht zu wundern: Am meisten abgestürzt seit dem Vorjahr ist – richtig, die Justiz. Was einer Ohrfeige für Frau Karl gleichkommt: Immerhin ist sie vor einem Jahr mit dem Anspruch in ihr Amt gestartet, das Vertrauen in die Justiz zu heben. Nun ja: weit gefehlt.

Wenig geholfen hat schon in den Vorwochen, dass Karl zwei Gesetzesentwürfe – zur Diversion und zur Strafprozessordnung – vorlegte, die sie flugs wieder zurücknehmen musste. Experten und Betroffene hatten ihre Papiere in der Luft zerrissen.

Nun tut es ein Übriges, dass Karl Ende der Vorwoche ihre Linie in Sachen U-Ausschuss änderte. Nachdem ihr Parteifreund, der ÖVP-Chef im U-Ausschuss, Werner Amon, mittlerweile als Beschuldigter geführt wird und sich mit dem Vorwurf der „Politjustiz“ zu wehren versuchte, stellte sie sich zunächst tapfer hinter „ihre“ Justiz. Um zuletzt – nachdem ihr wohl die Parteikollegen den Kopf gewaschen hatten – doch noch öffentlich „Verständnis“ für Amons Kritik an der Justiz aufzubringen. Die Justiz arbeite aber schon gut, sagte sie noch dazu. Ja, hoffentlich.

Will die Ministerin nicht nur ihre Behörden, sondern auch sich selbst vor dem Totalabsturz in der öffentlichen Meinung retten, wird sie sich rasch zwischen Justiz und Parteiräson entscheiden müssen. Sonst kann das Motto nur lauten: Misstrauen Sie Frau Karl.

regina.poell@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2012)

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